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Grammatik: Regeln zur Bildung und den Gebrauch des Konjunktivs II

Text/Fotos: Sprache-Kompakt Redaktion  

Ein grammatisch korrekter deutscher Satz besteht mindestens aus einem Subjekt und einem Prädikat. Dabei bezeichnet das Prädikat das dem Subjekt beigeordnete Verb. Dieses Verb wiederum drückt die Einstellung des Sprechers zu dem, was er sagt, aus und wird entsprechend gebildet. Im Normalfall trifft der Sprecher eine Aussage, hinter der er mit seinem Wissen oder seiner Meinung steht und die er daher uneingeschränkt geltend macht. In diesem Fall steht das Verb im Indikativ.

Ich gehe zur Arbeit.

Eingeschränkter Geltungsbereich

Will der Sprecher jedoch den Geltungsbereich des Gesagten einschränken, stehen ihm dafür die Konjunktiv-Formen des Verbs zur Verfügung. Von den beiden Formen Konjunktiv I und Konjunktiv II wird der letztere am häufigsten verwendet - selbst dann, wenn grammatisch korrekt eigentlich der Konjunktiv I stehen müsste. Der Grund dafür ist sicher, dass sich der Konjunktiv II, insbesondere als Verbklammer mit dem Hilfsverb "würde", leichter bilden lässt, als der Konjunktiv I.

Die Bildung des Konjunktivs II

Beim Konjunktiv II wird, zwischen dem "Konjunktiv Imperfekt" und dem "Konjunktiv Plusquamperfekt" unterschieden. Formal lehnt sich der Konjunktiv Imperfekt an das Präteritum und der Konjunktiv Plusquamperfekt an das Plusquamperfekt des Verbs an.

Ich ginge zur Arbeit.
Ich wäre zur Arbeit gegangen.

Analytische Bildung - die "würde" - Form

Solange es sich um ein starkes Verb handelt, besteht ein mehr oder minder deutlicher lautlicher Unterschied zwischen der Konjunktiv- und der Präteritumsform. Bei schwachen Verben sind beide Formen hingegen identisch, weswegen in allen Fällen, in denen kein lautlicher Unterschied zwischen beiden Formen auszumachen ist, der Konjunktiv II mit dem Hilfsverb "würde" geformt wird.

Ich würde arbeiten (statt ich arbeitete)

Wünsche

Der Geltungsbereich eines Aussagesatzes kann aus verschiedenen Gründen eingeschränkt sein. Das wird dann durch den Konjunktiv II angezeigt. Ein Wunsch stellt zum Beispiel nicht fest. In der Regel müssen erst noch einige Hindernisse überwunden werden, bevor er in Erfüllung geht.

Wenn ich doch nur Arbeit hätte.

Bedingungen

Manchmal ist die Geltung eines Satzes aber auch an eine Bedingung geknüpft, die erfüllt sein muss. Eine Bedingung kann wiederum auf naheliegenden beziehungsweise erfüllbaren Faktoren beruhen oder aber auf eher abwegigen. Im ersten Fall steht das Bedingungsgefüge im Indikativ im zweiten weist der Konjunktiv II darauf hin, dass die Bedingung wahrscheinlich nicht eintritt.

Wenn du eine Bewerbung schreibst, bekommst du die Stelle.
Wenn Du eine Bewerbung schriebest, bekämest du die Stelle. (... ohne Bewerbung jedoch nicht)
Wenn sie es mir sagte, wüsste ich das zu schätzen.

Das letzte Beispiel ist eine Mischkonstruktion aus Präteritum und Konjunktiv II. Da an einem Bedingungsgefüge zwei Verben beteiligt sind, reicht in der Regel ein Konjunktiv, um den eingeschränkten Geltungsbereich des ganzen Konstrukts auszudrücken. Dies ist eine elegante Methode, um den allgemein als stilistisch unschön empfundenen analytischen Konjunktiv mit "würde" bei schwachen Verben zu umschiffen beziehungsweise seinen Gebrauch zu begrenzen.

Wenn sie es richtig machte, wüssten wir es sofort.
(Statt: Wenn sie es richtig machen würde, würden wir es sofort wissen.)

Spekulative Vergleiche

Spekuliert wird viel - und das nicht nur an der Börse. Vergleiche, die einen fiktiven Charakter haben oder solche, die weit von den bisherigen Annahmen abweichen, weisen Konjunktiv-II-Formen auf und markieren so die Sprecherperspektive als "interpretiert", "überrascht beziehungsweise verblüfft" oder als "Ratschlag gebend". In der Regel wird der Konjunktiv hier von Fiktions- und ähnlich gelagerten Signalen wie "als ob", "als wenn", "zu", "dermaßen", "so" und anderen begleitet.

Ihr zankt euch, als wärt ihr kleine Kinder.
Das ist dermaßen abwegig, dass es mir nie in den Sinn käme.
Du bist zu intelligent, als dass du an diesen Blödsinn glauben würdest.
Ich an seiner Stelle wäre pünktlich gekommen.

Höflichkeit

Wer in einem Wirtshaus mit den Worten "Bringen Sie mir ein Bier!" bestellt, kann mit wenig Enthusiasmus bei der Bedienung rechnen. Besser ist da schon "Bringen Sie mir bitte ein Bier!", bei dem die Bitte den Befehlston leicht abschwächt. Wirklich höfliche Menschen äußern ihren Wunsch eher mit "Würden Sie mir bitte ein Bier bringen?". Die Formulierung als Frage vor allem aber der eingeschränkte Geltungsbereich des Konjunktiv II wirken höflich, da sie den Angesprochenen in seiner Entscheidungsfreiheit rein äußerlich nicht einschränken. Faktisch wird man sein Bier bekommen - so oder so -, doch der Konjunktiv II ließe prinzipiell auch ein "Nein" zu.

Negationen

Eine Negation wird gebildet, indem ein realer Sachverhalt erst gedacht und dann quasi gedanklich wieder durchgestrichen wird. Dazu dienen Negations-Merkmale wie "nicht", "kein", "niemand" etc. Mit dem Konjunktiv II kann die an sich negative Geltung einer Aussage inhaltlich eingeschränkt werden. Nach dem Motto "minus mal minus ergibt fast plus" wird so aus einer Negation fast schon wieder eine Affirmation.

Nicht, dass ich seine Meinung nicht schätzen würde ...
Ich behaupte nicht, dass ich anders reagiert hätte ...

Das, was in einer Negation negiert werden soll, muss erst genannt werden, um dann verneint werden zu können. Doch da der Konjunktiv II nur einen eingeschränkter Geltungsbereich hat, verneint er eben nicht zur Gänze, sondern bewirkt ganz im Gegenteil häufig eine verstärkte Affirmation, die im Nachsatz dann voll zur Geltung kommt.

Nicht, dass ich seine Meinung nicht schätzen würde, aber sie belegt (mal wieder), dass er sich nicht umfassend informiert hat.

Indirekte Rede

Da der Konjunktiv I, der eigentlich für die Referenz auf vermittelte Inhalte eingesetzt wird, keine durchgehend eigene Formen aufweist, springt hier der Konjunktiv II ein. Das hat sich so weit eingebürgert, dass der Konjunktiv II häufig selbst dann verwendet wird, wenn ein eingenständiger Konjunktiv I zur Verfügung steht. Daher trifft man auf den Konjunktiv I fast nur noch im gehobenen Sprachstil wie etwa bei Nachrichtentexten oder in Zeitungsartikeln.

Die Zeitung berichtet, es hätte einen Anschlag gegeben.
(Besser: Die Zeitung berichtet, es habe einen Anschlag gegeben.)

Der Konjunktiv II referiert an dieser Stelle nicht nur, er lässt auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit der zitierten Quelle aufkommen. Bei fragwürdigen Quellen wäre der Gebrauch des Konjunktivs II daher durchaus legitim.

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